Giverny
Kein Garten Frankreichs hat mehr Bilder entstehen lassen als der von Giverny.
Hier in der Normandie wohnte und arbeitete Claude Monet von 1883 an bis zu seinem Tod im Jahre 1926, hier in Giverny liegt er begraben. Die Geschichte von Giverny beginnt im April 1883 – Monet ist 43 Jahre alt –, als der Künstler nach einem erneuten Zwangsräumungsbescheid für seine Pariser Wohnung sich die Seine flussabwärts auf die Suche begibt nach einer Unterkunft für sich und seine Familie. Bei Vernon, etwa 70 km nordwestlich von Paris, fand er das verlassene Anwesen eines Bauern, umgeben von einem Obstgarten mit blühenden Apfelbäumen vor dem rosa gestrichenen Haus mit den (damals noch grauen) Fensterläden – ein Anblick für Impressionisten! Im folgenden Monat zog er ein, nutzte den Garten zunächst als Gemüsegarten und Apfelplantage; später, als sich seine finanzielle Situation zu bessern begann, verschönerte er ihn ständig, u.z. mit den schlichtesten Blumen, die aus Sämereien zu gewinnen waren und sich leicht vermehren ließen: Sonnenblumen, Mohn, Gladiolen, Stockrosen, Kapuzinerkresse, alle auch gut zu malen.
So entstand im Laufe der Zeit der von Monet Clos Normand genannte Ziergarten am Haus, eine Inspirationsquelle für die Farbpalette und Motivwahl des Malers, die sich ab 1893 erweiterte, als Monet jenseits der Straße ein Stück Sumpfland hinzukaufte und mit der Gestaltung eines Jardin d‘eau, eines „Wassergartens“ begann, wo er Iris, Bambus und Schilf ansiedelte und die von Glyzinienblüten umrankte japanische Brücke anlegte. Anders als im Ziergarten am Haus, der durch die Grande Allée in zwei Hälften geteilt wurde und wo gerade Linienführung vorherrscht, bevorzugte Monet im Wassergarten gewundene Pfade, achtete auch hier sehr auf Perspektive und legte bei der Bepflanzung um den Teich herum den Akzent auf das Laub der Pflanzen. Die vorhandenen Espen und Pappeln ließ er stehen, ergänzte den Baumbestand zusätzlich durch Trauerweiden und Sträucher wie Rhododendren, Azaleen und Hortensien. Mit seinen Seerosen wurde dieser Gartenteil zu einer einzigartigen Quelle der Inspiration für Monet. Auf zig Gemälden hat er diese Seerosen festgehalten, immer wieder in anderen Farbnuancen, bei unterschiedlichen Lichteffekten entstanden, manchmal nur mit dem Wasser verwoben, manchmal mit Wasser und Himmel.
Wie in seiner Malerei, so war Monet auch in seiner Gartengestaltung kreativ und wagte noch nicht Dagewesenes. Vom damals in Frankreich üblichen formellen Gartenstil wandte er sich ab und schloss sich den Ideen des Landschaftsarchitekten Edouard André an, der für ein natürliches Aussehen der Gartenanlagen plädierte. Zu Monets Lieblingsblumen zählten Wildblumen, gefüllte Blumen mochte er nicht (mit Ausnahme von Rabattenpfingstrosen). Seine Lieblingskletterrose war die „Meerjungfrau“ mit ihren ungefüllten Blüten.
Seine große Pflanzenkenntnis bezog er aus seiner eigenen umfangreichen botanischen Bibliothek, besuchte darüberhinaus Pflanzenausstellungen und studierte regelmäßig Gartenzeitschriften und Pflanzenkataloge. Zur Beschaffung von Pflanzen nutzte er neben örtlichen Gärtnereien und dem Fachhandel auch den damals schon wachsenden Versandhandel.
Nach seinem Tod wurde der Garten vernachlässigt, fiel dann aber 1966 nach dem Tod von Michel Monet der Académie des Beaux-Arts zu, die prominente amerikanische Sponsoren für die Restaurierung des Gartens gewinnen konnte; seit 1980 ist er zu besichtigen. Amerikanische Maler gründeten eine Künstlerkolonie in Giverny. Zusätzlich wurde 1992 das Musée d‘Art Américain eröffnet, aus dem 2009 das Musée des Impressionnismes entstand. Selbst umgeben von einem modernen Garten im formalen Stil zeigt dieses in wechselnden Ausstellungen Gemälde bekannter amerikanischer Impressionisten.
So ist Giverny ein Ort, wo Natur und Kunst sich auf höchstem Niveau verbinden.
Weitere Informationen unter:
www.fondation-monet.com (französisch und englisch)
www.mdig.fr (auch auf deutsch)