Kerdalo
Kerdalo, einer der bekanntesten Gärten der Bretagne in einer Hügellandschaft unweit der ehemaligen Bischofsstadt Tréguier (Département Côtes d‘Armor), ist komponiert wie ein impressionistisches Landschaftsgemälde, was auch nicht verwundert, war doch sein Erschaffer, der russische Fürst Peter Wolkonsky (1901-1997), selbst Maler.
Fasziniert von den botanischen Möglichkeiten, die der Einfluss des wärmebringenden Golfstroms gewährleistet, schuf er den Garten in den Jahren 1965-1970. Auf 18 ha entstand eine romantische Anlage von großer Artenvielfalt mit unterschiedlich gestalteten, zum Teil auch streng formalen Bereichen. Inzwischen liegt der Besitz in den Händen von Isabelle Vaugham, der Tochter des Fürsten, und ihres Ehemanns Timothy Vaugham.
Am ehemaligen Bauernhaus, das Peter Wolkonsky zu einem Herrenhaus umbauen ließ, wachsen auf einem drei Meter breiten Beet u.a eine rosa blühende Austin-Rose („Mme Grégoire Staechlin“), Rosenbecher (Stauntonia hexaphylla), eine immergrüne Kletterpflanze aus den Tropen, eine Kletterhortensie (Pileostegia viburnoides) neben Agapanthen, Hakenlilie (Crinum x powellii) und dem Riesenechium (Echium pininana).
Am Ende der Terasse blickt man in den tiefer gelegenen „Jardin des quatre carrés“ (Garten der vier Quadrate), einen formal konzipierten Teil mit freier Randbepflanzung aus Sträuchern und Bäumen, darunter Bromeliengewächsen, Zistrosen, Tasmanischer Scheinulme, Küstenmammutbaum. Dieses Gelände, das bei einem Unwetter im Jahr 2000 überschwemmt und danach von Ackerwinde und Sauerklee heimgesucht wurde, konnte Timothy Vaugham erst im Herbst 2004 neu anlegen. Vorherrschende Pflanzenfarben hier sind silbergrau, blau und gelb. „Dann ist es egal, wie unser bretonischer Himmel dreinblickt“, sagt Isabelle Vaugham; „diese Farben sorgen für Licht.“
Der Hang gegenüber dem Herrenhaus, „Landes dorées“ (Goldene Heide) genannt, ist u.a. bepflanzt mit dichten Gruppen gelber Zypressen und Gold-Eiben, gedacht als Remineszenz an den ursprünglich hier blühenden Stechginster, sowie mit roten Perrückensträuchern, gelb blühenden immergrünen Benthams-Hartriegel und Streifenahorn.
Der Weg zum fast 1000 qm messenden Teich, dem größten der insgesamt drei Teiche, führt vorbei an Sperrsträuchern (Cleyera japonica), Schattenblumen (Sarcococca), Berglorbeer, chilenischen Scheinulmen und Neuseeland-Bergpfeffer.
Am unteren Talende, ein durch Quellen und zwei weitere Teiche feuchter Bereich, hat Peter Wolkonsky um eine Grotte im italienischen Stil einen atmosphärisch dichten üppigen grünen Dschungel angelegt. Hier gedeihen nicht nur verschiedene Hostas, Astilben und Myrten, sondern ebenso Baum- und Kettenfarne sowie brasilianisches Mammutblatt und Scheinkalla.
Auf der anderen Seite des Hangs geht es zurück zum Herrenhaus, vorbei an der größten Quelle des Gartens, die nach dem Patron der Gärtner „St. Fiaker“ genannt wurde und der am Kanal gelegenen Pagode im chinesischen Stil.
Im Jahr 2004 erhielt Kerdalo als eine der ersten Gartenanlagen das vom französischen Kultusministerium zusammen mit dem Komitee der Parks und Gärten Frankreichs vergebene Prädikat „Jardin remarquable“ (bemerkenswerter/außergewöhnlicher Garten).
Vom europäischen Gartennetzwerk EGHN ist im Jahr 2015 eine Broschüre unter dem Thema „Gartenküste“ erschienen, die eine Gartenroute durch besondere Gärten der Bretagne beschreibt.
Kerdalo, ein Referenzgarten unter den französischen Gärten des 20. Jahrhunderts, zählt zu den schönsten in ganz Frankreich. Mit seinen ca. 5000 Arten und Unterarten, mit seiner Lage und seiner abwechslungsreichen Gestaltung bezaubert er gleichermaßen Fachleute wie Liebhaber der Gartenkunst.
Weitere Informationen unter:
www.lesjardinsdekerdalo.com (auch auf englisch)
Deutschsprachige Literatur:
• www.eghn.org
• Gartenpraxis. Ulmers Pflanzenmagazin 04/2014, S. 68-70.